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Foto: DB AG/Daniel Saarbourg

Das Ganze im Blick

Bauherrenvertreterin Lisa Israel im ICE-Werk Dortmund (Foto: DB AG/Anne Stephan)

Jeden Dienstag um neun Uhr trifft sich Lisa Israel mit wichtigen Informanten. Drei Stunden lang erzählen ihr meist via Videokonferenz Verantwortliche aus unterschiedlichen Gewerken, wie es um die Planung des neuen ICE-Instandhaltungswerks Dortmund-Hafen bestellt ist. Zentrale Fragen müssen geklärt werden: Sind auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs seltene Tierarten, die umgesiedelt werden müssen? Wie viele Abstellgleise müssen her, wie groß genau soll die Werkhalle sein und wo exakt soll sie stehen? Kurz darauf, um 13 Uhr, folgt dann die Runde mit den internen Experten des Bestandswerkes Dortmund-Spähenfelde. Dort werden noch offene Fragen aus der Vorrunde besprochen und entschieden. Jede Woche, sagt Israel, stehe ein anderes Thema an, in das sie sich rein arbeiten müsse. „Das ist das Tolle an diesem Job, er ist wahnsinnig vielfältig.“

Bei Israel laufen die Fäden zusammen

Lisa Israel, 40, ist Bauherrenvertreterin. Der Titel lässt erahnen, worum es geht. Sie vertritt den Bauherren, im Fall des Großprojekts am Dortmunder Hafen ist das Guido Göldner, Chef des bereits existierenden ICE-Werks Dortmund-Spähenfelde. Da Göldner mit dem laufenden Betrieb meist schon alle Hände voll zu tun hat, übernimmt Israel die Kommunikation mit Planer:innen und Projektleiter:innen. Sie vertritt die Belange des Werks, formuliert die Anforderungen, deren Machbarkeit dann von den unterschiedlichen Akteur:innen geprüft werden. Die gesammelten Rückmeldungen berichtet Israel dann wiederum an den Bauherren. Dieser trifft dann auch auf Grundlage dieser Informationen Entscheidungen, was, wann und wie umgesetzt wird. Ein bisschen sei es so wie beim Hausbau. „Man muss sich vorstellen, es geht etwa um das Badezimmer. Ich stelle dem Bauherren verschiedene Modelle von Duschen und Badewannen vor und erkläre Vor- und Nachteile. Er muss dann sagen, was für den Zweck die beste Lösung ist.“

Für den Job bringt Lisa Israel etwas mit, was für eine Bauherrenvertreterin unverzichtbar ist: leidenschaftlicher Wissensdurst. Da es unmöglich sei, mit all den teils hochkomplexen Themen von Haus aus vertraut zu sein, müsse sie sich einlesen, zahlreiche Gespräche führen und vor allem viele Fragen stellen. „Die Fachexpertise hole ich mir von den Expertinnen und Experten aus dem Bestandswerk“, sagt Israel. „Sie kennen die Arbeitsabläufe, die Prozesse und wissen, worauf es ankommt, damit nachher im neuen Werk alles rund läuft.“ Jeden Tag erfahre sie neue Zusammenhänge, tauche immer tiefer in die Details und Komplexität eines solch gewaltigen Bauvorhabens ein – lernt, wie dick die Asphaltschicht einer neuen Straße ist oder auch wie die Spannungsverteilung beim Oberleitungsbau auszusehen hat. „Letztlich laufen bei mir die Fäden zusammen. Ich muss den Überblick behalten.“

Alte Strukturen aufgebrochen

Viel Zeit verbringt Lisa Israel in ihrem Büro. (Foto: DB AG/Anne Stephan)

Mit ihrer Berufung zur Bauherrenvertreterin seien auch alte Strukturen aufgebrochen worden, sagt Israel. Bislang war es üblich, den Posten insbesondere an Bauingenieur:innen zu vergeben. Israel aber hatte einen ganz anderen Karriereweg eingeschlagen. Zunächst studierte sie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Technischen Universität Dortmund. Schon damals finanzierte sie ihr Leben über einen Job bei der Bahn: Als Zugbegleiterin im Autozug, mit dem sie so einige Länder Europas bereiste. Im Juni 2008 stieg sie als Trainee im Controlling bei DB Netz in Duisburg ein. Sie durchlief verschiedene Stationen, bis sie 2014 zur DB Sicherheit wechselte und dafür in ihre Heimatstand Dortmund zurückkehrte. Dort koordinierte sie die Sicherheitsmitarbeitenden und lernte, große Teams zu führen. Im Schnitt hatte sie die Verantwortung für 180 Mitarbeitende. Vergangenes Jahr hatte die Mutter zweier kleiner Kinder die Ausschreibung für den Job als Bauherrenvertreterin gesehen und sich sofort beworben. „Ich dachte, das ist wie für mich gemacht.“ Dass sie keine Ingenieurin ist, empfindet sie keineswegs als Mangel. Im Gegenteil: „Ich laufe nicht Gefahr, aufgrund von Routine eigenständige Antworten auf Fragen zu geben“, sagt sie. „Ich muss immer nachfragen. Das eröffnet mir eine andere, oft auch frischere Perspektive auf die Dinge.“

Außerdem kennt sich Israel mit den unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens familiär bedingt ohnehin bestens aus. Sie ist Bahnerin in der dritten Generation. Ihr Vater war viele Jahre stellvertretender Bahnhofsmanager in Dortmund. Er war es auch, der sie über das Baugelände am Hafen geführt hatte und ihr die Geschichte dazu näherbrachte. „Ich bin sehr froh, dass das mit der Bewerbung geklappt hat“, sagt Israel. Eine Absage hätte sie enttäuscht, vor allem aus heutiger Sicht. „Ich kann sagen, dass Bauherrenvertreterin das bunteste Berufsbild ist, das ich je kennenlernen durfte."

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